Ordensburg Sonthofen


Baugeschichte





Blick auf die Ordensburg Sonthofen.
(Privatbesitz: D. Goerke, o. J.)

Als erste von mehreren geplanten Adolf-Hitler-Schulen wurde die Ordensburg in Sonthofen 1934 nach Plänen des Architekten Hermann Giesler hoch über dem Iller-Tal im Herzen des Oberallgäus errichtet. Es ist kein Zufall, dass die Adolf-Hitler-Schulen alle in geradezu idyllischen Landschaften aufgebaut werden sollten; auf einem Berg, umgeben von urdeutscher Natur.

Die Ordensburg ist ein Gebäude der Superlative: Der erste Eindruck des zukünftigen Schülers ist überwältigend. Um im Sinne nationalsozialistischer Werbung zu wirken, waren die Gebäude und die Ausdehnung der Anlage gewaltig, überall war die Ideologie in Symbolform präsent. In ihrem Glockenturm wurden sogar 16 Glocken aufgehängt, um an eine christliche Kirche zu erinnern und den Anspruch des Nationalsozialismus als damals neue Religion des modernen Menschen herauszustellen.

Am 19. Oktober 1935 fand das erste Richtfest statt, 1937 wurden die ersten Adolf-Hitler-Schulen eingerichtet. Die Adolf-Hitler-Schule "Mark Brandenburg" war zweizügig und die größte der drei Schulen in Sonthofen. Insgesamt traf Dietrich Goerke bei seiner Ankunft im Jahre 1943 auf ca. 1500 Schüler (Tondokument 2).




Blick auf den Wandelgang der Ordensburg
(Privatbesitz: D. Goerke, o. J.).


Gemeinschaft



Ein Junge konnte die Ordensburg in Sonthofen nicht einfach wie jede andere Schule besuchen, er wurde "gerufen". Der elitäre Charakter der Einrichtung wird hier besonders deutlich. Eine Mitgliedschaft des Anwärters in der Hitler-Jugend war Grundvoraussetzung, ebenso die nachgewiesene "arische Reinheit" der Familie über mehrere Generationen hinweg. Der Hitler-Junge musste in einem internen Auswahlverfahren deutlich machen, dass er für die Adolf-Hitler-Schule geeignet war. Hatte er Führerqualitäten? Wie sah es mit der körperlichen Gesundheit aus?

Auf der Ordensburg angekommen, wurden viele Gemeinschaft stiftende Aktionen durchgeführt, auch Mutproben (Film, Teil 1). Im Internat der Ordensburg waren die Lehrer die wichtigsten Identifikationspersonen, die Eltern waren weniger wichtig. Die Erzieher wurden "geduzt", dies sollte ein nahes kameradschaftliches Verhältnis aufbauen. Die AHS war etwas Besonderes, ein geschützter Raum.

Ein wichtiges Prinzip auf der Ordensburg war „Jugend führt Jugend“, kleinere Gruppen von Schülern sollten sich selbst führen. Hierbei soll das Prinzip „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“ nahe gebracht werden.

Unterricht



Der Unterricht auf der Ordensburg war besonders auf die Vorstellungen von einem Idealbild des „neuen Menschen“ ausgerichtet. Zusätzlich zu normalen Fächern wie Mathematik oder Englisch, welche ebenso wie an anderen Schulen von nationalsozialistischen Denkweisen und Gedankengut bestimmt waren, wurden hier spezielle Fächer angeboten, welche auf üblichen Stundenplänen nicht anzutreffen waren.

Das Fach "NSDAP" sollte Einblicke in die Organisationsstruktur der auf dem Führerprinzip basierenden Partei geben und deren Werte vermitteln. "Blick in die Welt" war ein Vorgänger des heutigen Fachs Sozialkunde. Es handelte sich hierbei um ideologisch ausgerichteten Unterricht, der die nationalsozialistischen Weltvorstellungen auf das Weltgeschehen übertragen sollte. Rassentheorien, Sozialdarwinismus, aber auch die Gefahren des Bolschewismus und sonstige propagandistische Weltanschauungen wurden in beiden Fächern den jungen Schülern vermittelt.
Der Unterricht in "Modellflugbau" sollte bei den Jugendlichen Begeisterung für die Luftwaffe wecken. Auch der Umgang mit Kleinkaliber-Gewehren (Film, Teil 1) wurde mit der gleichen Selbstverständlichkeit vermittelt.

Besonderen Wert legte der Parteikader natürlich auf die "militärische Verwertbarkeit" der Adolf-Hitler-Schüler. Körperliche Ertüchtigung und Erziehung hatten einen hohen Stellenwert, die sportlichen Aktivitäten waren vielseitig und reichten von Boxen bis hin zu mehrtägigen Bergwanderungen, bei denen die Schüler bis an ihre Grenzen gelangten (Film, Teil 2).

Das Ende




Eine Zukunft in der Partei oder in der Armee war keinesfalls vorgesehen, jedoch sicherlich wünschenswert. Zum Kriegsende hin konnten die hochgesteckten Ziele der zukünftigen Elite Deutschlands nicht verwirklicht werden, die Unterrichtszeit wurde von sechs auf fünf Jahre gekürzt.

Doch irgendwann erreichten auch die Wirren des Krieges Sonthofen, in welchem es bisher ruhig zuging. Bei einem Bombenangriff auf die naheliegende Ortschaft wurde die Ordensburg jedoch verschont. Im letzten Kriegsjahr diente die Ordensburg ebenfalls als Lazarett.

Seit 1956 befindet sich in den Räumen der ehemaligen Ordensburg die "Generaloberst-Beck-Kaserne" der Bundeswehr. Wir nahmen frühzeitig Kontakt mit der Bundeswehr auf, um vor Ort in den historischen Räumen der ehemaligen Ordensburg Sonthofen filmen zu können. Aufgrund von größeren Umbau- und Sanierungsmaßnahmen war ein Besuch allerdings nicht möglich.




Blick auf die Generaloberst-Beck-Kaserne in den Räumen der ehemaligen Ordensburg Sonthofen
(Privatbesitz: D. Goerke, o. J.).



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